Tears In Heaven

Mama, weißt du eigentlich, wie es im Himmel ist? Das fragt unser ältester Sohn sehr oft. Er möchte es genau wissen, möchte alles erfahren über diesen geheimnisvollen Ort, von dem alle sprechen. An den meisten Tagen habe ich keinen Schimmer, was ich ihm auf seine Frage antworten soll. Oft, da zweifle ich selber an der Vorstellung von Himmel.

Ich bin kein besonders gläubiger Mensch und doch bin ich der Meinung es wäre recht überheblich zu glauben, dass es nach dem Tod nicht mehr weitergeht. Dass wir quasi die höchste Form allen Lebens sind. Wenn man das Universum, in dem wir uns befinden so betrachtet, dann erscheint mir das unmöglich. Woran also glaube ich? Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. Vermutlich stehe ich erst am Anfang meines Weges und kann noch nicht einmal erahnen, was ich am Ende so alles wissen, oder vielleicht besser, annehmen kann und werde.

An den Himmel möchte ich glauben. Eigentlich muss ich das, um nicht verrückt zu werden in meiner Trauer. Meistens stelle ich mir dabei eine grenzenlose Welt vor, voller Farben und mit wunderbar lauter Musik. Eine Welt, in der es keine Regeln gibt und man sich der unendlichen Freiheit des Seins einfach nur so hingeben darf. Meistens kann ich das. An den meisten Tagen, da kann ich auch unserem Sohn davon erzählen. Davon, wie wunderbar es bestimmt im Himmel ist und wie großartig es sein müsse, jederzeit überall gleichzeitig sein zu können. Nur noch das zu tun, worauf man Lust hat. Und die Menschen, die um einen herum weiterleben auch ein wenig an der Nase herumzuführen. Das gefällt dem 5-jährigen Jungen am besten, das an der Nase herumführen, das findet er furchtbar komisch. Ich auch. Manchmal!

An den weniger guten Tagen werden die Zweifel laut. Wer kann mir denn schon beweisen, dass Himmel nicht nur etwas ist, das sich irgendwer irgendwann einmal ausgedacht hat? Wenn die Trauerwelle mich in ihren Sog zieht, dann ist an Himmel meist nicht zu denken. Irgendwie, so habe ich dann das Gefühl, würde das ja auch bedeuten, dass alles gut ist. Dieser Ort, den ich mir ausmale, der klingt doch magisch. Sich zu wünschen, dass meine Liebsten sich stattdessen noch im Leben abmühen müssen, so wie wir das gerade tun, das wäre dann doch eigentlich falsch.

Einziges Problem: So einfach ist das nicht. In dem Augenblick, wenn die Trauer zuschlägt, dann ist mein Schmerz so groß, dass selbst Himmel nicht genug ist. Selbst die zauberhafteste Vorstellung dieses Ortes, selbst die wunderbarsten Gefühle, die ich mit diesem Platz in Verbindung bringen möchte, vermögen es nicht, meinen Schmerz erträglicher zu machen. Denn egal, was es dort, jenseits der Grenze auch geben mag, es ist nicht genug. Für mich, die ich noch hier bin, ist es einfach nie genug.

Oft, nachdem ich die wissbegierigen Fragen meines Sohnes beantwortet habe, blicke ich nach oben und frage mich, ob wir uns tatsächlich irgendwann wiedersehen werden. Auch wenn ich das wohl nie mit Sicherheit werde beantworten können, so hoffe ich doch darauf, dass es ihn gibt, diesen Himmel. Und ich hoffe darauf, dass die einzigen Tränen, die dort vergossen werden, jene der Glückseligkeit sind.

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